Montag, 14. November 2011

Käthe

Fühle mich heute ziemlich matschig, weil meine Oma gestorben ist. Die letzte, die noch übrig war. Käthe-Oma. 

Sie war sehr alt und lebte in einem Heim mit abwaschbaren Kunststoffböden. An mein Gesicht konnte sie sich schon seit Längerem nicht mehr erinnern, nur noch an meinen Namen. Alles, was sie konnte, mochte und wollte, wir ihr abhanden gekommen. Von ihr war eigentlich gar nichts mehr übrig. Dass dieser letzte Teil ihres Lebens heute zu Ende ging, macht mich in einer erleichternden Weise sehr froh. 

Aber es ist traurig, sich heute von der Oma zu verabschieden, die sie früher war. Es gibt so viel, was ich mit ihr verbinde. Kamillentee. Fernsehgymnastik vormittags um 10 auf dem Perserteppich. Johannisbeeren, Kirschen, Rhabarberkompott. Gemeinsam in ihrem Ehebett schlafen. Zusammen ins Freibad. Der Radiowecker mit den roten Leuchtziffern. Ein Regal, voll mit Hanni-und-Nanni-Büchern. Familienfotos, die nicht in Alben geklebt, sondern in einem kleinen karierten Koffer gesammelt wurden. Echte Federbetten. Geschichten aus ihrer Kinderzeit in Michelsberg. Stadtbus fahren. Plätzchen backen. Enten füttern. "Gehen wir auf ein Eis?" Das ist alles schon sooo lange vorbei. Offiziell aber erst seit heute.

Die Liesen haben viele, viele Fragen. Sie überlegen, mit wem die Käthe-Oma im Himmel gerade Wiedersehen feiert. Mit ihrem Mann und ihren Freundinnen. Dass sie denen von den Liesen und dem Sohn so viel erzählen muss. Wer ist heute wohl trauriger, Käthes Töchter oder ihre Schwester? Und was passiert auf der Beerdigung? Dazu spricht der Sohn unentwegt sein Zweijährigen-Mantra: "Käthe tooot!"

Verrückte Zeit!

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